Vorstellung meiner Interviewpartnerin Julia Tulipan
Mag. Julia Tulipan ist Biologin und Master of Science in klinischer Ernährungsmedizin. Sie ist Ernährungsberaterin und Bloggerin mit einer Leidenschaft für Wissenschaft und evidenzbasierte Herangehensweise. Nachdem sie selbst gesundheitliche Probleme entwickelte, vergrub sie sich in Studien und wissenschaftlicher Literatur zum Thema gesunde Ernährung. Vor einigen Jahren landete sie so bei der Paleo und der LCHF (Low-Carb/High-Fat) Ernährung.
Für die Wissenschaftlerin Julia Tulipan steht fest, dass nichts feststeht. Sie hat umfangreiche Erfahrungen im Bereich Darmgesundheit, LCHF, ketogene Ernährung, Paleo und chronisches Erschöpfungssyndrom und ist eine der führenden Experten zum Thema ketogene Ernährung. Julia Tulipan ist als Referentin im In- und Ausland geschätzt. Außerdem ist sie Expertin für Darmgesundheit, Erschöpfung, Performance und Leistungsfähigkeit.
Ihre Blogartikel veröffentlicht sie regelmäßig unter www.paleolowcarb.de.
Foto: Julia Tulipan
Ketogene Ernährung für Menschen mit Autoimmunerkrankung – das Interview
Franziska Mickley: Herzlichen Dank an Dich, Julia, dass Du mir und den Lesern von Genuss und Glück heute ein paar Fragen beantwortest. Wir interessieren uns generell für Maßnahmen, übermäßige oder chronische Entzündungen in den Griff zu bekommen. Da Du zusammen mit Ulrike Gonder, Marina Lommel und Dr. Brigitte Karner vor wenigen Monaten Euer neues Buchprojekt “Der Keto-Kompass: Aktuelles Wissen über ketogene Ernährung, Ketone und Ketose – Wirkweisen, Anwendungen und Chancen” veröffentlicht hast, möchte ich mit Dir über Aspekte der ketogenen Ernährung sprechen, die für Menschen mit Autoimmunerkrankung besonders relevant sind.
Euer Buch macht chronisch Kranken viel Mut, wie ich finde. Insbesondere das Interview mit Dr. Karner aus Freiburg hat mich gefesselt, da sie aus ihrer Praxis berichtet, dass die Antikörper bei Rheumatoider Arthritis und Hashimoto Thyreoiditis gesenkt und eine Schilddrüsenunterfunktion verbessert werden konnten. Außerdem werden in ihrer Praxis akute Entzündungen anscheinend erfolgreich behandelt und auch Depressionen positiv beeinflusst. Ist die ketogene Ernährung eine mögliche Wunderwaffe gegen Autoimmunerkrankungen?
Julia Tulipan: Wunderwaffe, das ist natürlich schon ein starkes Wort. Manchmal denkt man ja auch, jetzt soll dieses Keto gegen alles helfen. Vielleicht ist das doch zu schön, um wahr zu sein. Und ich verstehe diese Vorsicht. Doch wenn man sich die Wirkmechanismen der Ketonkörper selbst ansieht, dann macht es auch immer mehr Sinn wieso Ketone bei so vielen Erkrankungen scheinbar positive Effekte haben. Die meisten chronischen Erkrankungen, die uns in der westlichen Welt plagen, sind stark durch die sogenannte „silent inflammation“ (engl. stille Entzündung) charakterisiert. Entzündung spielt also in der einen oder anderen Weise immer eine Rolle. Ketone wirken entzündungshemmend. Sie hemmen das sogenannte NLRP3 Inflammasom, welches bei vielen Erkrankungen übermäßig hochreguliert ist. Durch die deutliche Reduktion von Zucker entsteht schon einmal weniger Radikalstress im Körper, und zusätzlich helfen Ketone dabei, die körpereigenen Antioxidantien zu regenerieren. Außerdem weisen gewisse Ketonkörper selbst antioxidative Eigenschaften auf.
Franziska: Die ketogene Ernährungsform ist eine besonders strenge kohlenhydratreduzierte Diät. Dabei wird der Zustand der “Ketose” angestrebt. Kurz gefasst, warum ist die Ketose so interessant?
Julia: Wir wissen schon lange, dass sich das Fasten positiv auf den Verlauf und auf die Symptome bestimmter Erkrankungen auswirkt. Seit den 1920er Jahren wird die ketogene Diät als Ernährungstherapie zur Behandlung von kindlicher Epilepsie genutzt, um durch sie das Fasten nachzuahmen. Obwohl dies schon lange bekannt ist, beginnen wir erst jetzt zu verstehen, dass die Vorteile des Fastens zu einem großen Teil von den dabei entstehenden Ketonen kommen. Ketogene Ernährung ist eine Möglichkeit, die Vorteile des Fastens einfach langfristig zu nutzen. Bei der Ketose werden, wie oben schon kurz angesprochen, zahlreiche wichtige Regelprozesse im Körper normalisiert und reguliert.
Franziska: Wenn ich mich ketogen ernähre, wie lange dauert es ungefähr nach einer ketogenen Mahlzeit – nehmen wir eine Portion des Schweinegeschnetzelten mit Pilzrahmsoße aus dem Keto-Kompass – bis die Ketose wieder einsetzt oder wird sie sogar gar nicht unterbrochen?
Julia: Ist die Mahlzeit ketogen, dann wird die Ketose nicht unterbrochen. Gerade wenn die ketogene Diät zur Anfallskontrolle bei Epilepsie Anwendung findet, darf die Ketose nie unterbrochen werden, da es sonst zu einem Anfall kommen kann. Dies sind allerdings wirklich Spezialfälle. Bei andere Anwendungen kann durchaus zwischen strengeren und weniger strengen Phasen gewechselt werden.
Franziska: Der Laie verwechselt die Ketose gerne mit der Ketoazidose. Warum?
Julia: Nicht nur der Laie. Leider verwechseln das auch immer noch sehr viele Ärzte und auch andere Ernährungsspezialisten. Es ist einfach so, dass nur die Ketoazidose im Rahmen des Studiums und der Ausbildung besprochen wird.
Franziska: Das zu ändern, wäre doch eine echte Innovation!
In meinem Leben habe ich schon mehrere Male gefastet. In meiner Familie gibt es noch weitere Fasten-Anhänger, manche von ihnen fasten dabei 14 Tage oder länger. Ihre Begründung dafür ist, dass nach einiger Zeit – bei ihnen nach 14 Tagen – ein sogenanntes “Fasten-Hoch” einsetzt. Dabei fühlen sie sich deutlich energiereicher als sonst. Das Fasten hat ja (wie eben schon besprochen) ein paar Parallelen zur ketogenen Ernährung… Kann man diese gefühlte gesteigerte Energie auf die einsetzende Verbrennung von Ketonkörpern im Gehirn zurück führen?
Julia: Ja, definitiv. Ich habe schon vorhin die Parallele zum Fasten angesprochen. Das Gehirn liebt Ketone. Es bevorzugt sie sogar, auch wenn Glukose (Zucker) zu Verfügung steht. Das erste, was die meisten Menschen, die mit Keto anfangen, beschreiben, ist die plötzliche mentale Klarheit und als ob sich „ein Nebel lichten“ würde.
Franziska: Kommen zu Dir auch Menschen mit Autoimmunerkrankungen, um von Deinem Gesundheits-Coaching oder anderen Dienstleistungen zu profitieren? Welche Besonderheiten fallen Dir in diesem Zusammenhang mit diesem Aspekt der menschlichen Gesundheit auf?
Julia: Gerade bei Autoimmunerkrankungen ist es immer besonders wichtig, sich auch den Darm anzuschauen. Eine gestörte Darmbarriere ist sehr häufig bei Menschen mit Autoimmunerkrankungen. Sie müssen auch oft auf Milchprodukte und manchmal sogar Eier verzichten. Zumindest so lange bis die Darmbarriere wieder intakt ist.
Franziska: In dieser Studie hier wird ein Zusammenhang zwischen fehlgesteuerten mTOR-Signalen und Autoimmunerkrankungen hergestellt. Damit ähneln Autoimmunerkrankungen in diesem Aspekt weiteren Lebensstilkrankheiten wie Typ-2-Diabetes und Übergewicht, aber auch Krankheiten, vor denen ganze Gesellschaften zittern wie zum Beispiel Krebs und neurodgenerative Krankheiten. Was ist der beste Weg um diese wichtigen Signale wieder zu regulieren?
Julia: Autoimmunerkrankungen gehören definitiv in die Gruppe der Zivilisationskrankheiten, da sie in traditionell lebenden Gesellschaften quasi unbekannt sind. Die übermäßige Aktivierung von mTOR ist in vielen Lebensstilkrankheiten festzustellen, wie du richtig schreibst. mTOR lässt sich durch Fasten, Sport und ketogene Ernährung hemmen.
Franziska: In Eurem Buch habt Ihr darüber geschrieben, dass Ketone relativ “sauber” im menschlichen Organismus verbrannt werden, sodass unsere Zellen und unser ganzer Körper Energie daraus bekommen kann und nur wenige “Abfallstoffe” anfallen. Kannst Du die verschiedenen menschlichen Energiequellen innerhalb des Körpers – also Fettsäuren, Ketone/Ketonkörper, Glukose und Aminosäuren (das sind die Bestandteile von Eiweißen) in Bezug auf ihre “Sauberkeit” während der Verbrennung in der Zelle gegenüberstellen?
Julia: Mit „sauber“ meinen wir, wie viele freie Radikale bei der „Verbrennung“ entstehen. Da sind Ketone am saubersten, dann kommt Fett und dann Glukose. Protein ist für den Körper in erster Linie kein Energielieferant sondern wichtig für den Strukturerhalt.
Franziska: Casein – ein Eiweißbestandteil in tierischen Milchprodukten und auch in der menschlichen Muttermilch – kann Autoimmunprozesse verstärken. Ist es notwendig, dass Betroffene also unbedingt auf Milchprodukte verzichten sollten? Ich meine, dadurch würde ja eine wichtige Fettquelle wegfallen…
Julia: Milch ist sicher ein Problem und würde ich am Anfang zumindest auch weglassen. Es ist gar kein Problem auf Milchprodukte zu verzichten. Ein Paleo-Keto Ansatz macht bei Autoimmunerkrankungen sicher am meisten Sinn. Ich vertrage Milchprodukte selber auch nur sehr schlecht. Esse daher Milchprodukte sehr selten und auch nur in ganz kleinen Mengen. Ich liebe Käse, geht halt einfach nicht. Keto ohne Milchprodukte ist aber sehr einfach.
Franziska: Das habe ich auch festgestellt. Ich verzichte weitestgehend auf Milchprodukte…
An einer Stelle Eures Buches wird der Wissenschaftlier und Arzt Dr. Stephen Phinney mit der Aussage zitiert, dass chronisch kranke Menschen einen höheren Eiweißbedarf hätten. Mich interessiert, auf welche Mechanismen das zurück geführt wird.
Julia: Menschen mit chronischen Erkrankungen sind oft in einem katabolen Zustand. Das heißt, es wird sehr viel Struktur abgebaut. Das muss auf jeden Fall verhindert werden. Außerdem werden mehr Baustoffe und Signalstoffe benötigt. Auch ältere Menschen sollten auf eine höhere Proteinaufnahme achten.
Franziska: Kennst Du Autoimmunerkrankungen, bei denen eine ketogene Ernährung grundsätzlich kontraindiziert ist? Was denkst Du beispielsweise in diesem Zusammenhang über die Glomerulonephritis?
Julia: Eine grundsätzliche Kontraindikation ist mir nicht bekannt. Natürlich, sobald die Nieren oder die Leber sehr stark betroffen sind, ist das immer mit einem Arzt abzuklären. Eine engmaschige Überwachung wäre hier angebracht. Bei Nierenschäden würde ich immer den Rat eines Arztes einholen. Wirkliche Daten gibt es dazu einfach nicht.
Franziska: Eine der häufigsten Autoimmunerkrankungen ist der Typ-1-Diabetes. Am Anfang dieser Erkrankung, oft noch vor der Diagnose und auch bevor das bei dieser Erkrankung meist fehlende Insulin durch Medikamente ausgeglichen werden kann, besteht die Gefahr der lebensgefährlichen Ketoazidose. Ist dadurch die ketogene Ernährung automatisch für Typ-1-Diabetiker ausgeschlossen?
Julia: Ganz im Gegenteil. Gerade Typ 1 Diabetiker können sehr von Keto profitieren. Weniger Hypos [Unterzuckerung*] bessere Blutzuckerkontrolle, bessere generelle Kontrolle des HbA1c [Langzeitblutzucker, wichtiger Blut-Parameter bei der Diabetes-Behandlung und –Therapie*]. Viele Typ 1 Diabetiker [ohne wirksame Ernährungsumstellung*] schaffen es nie, die Zielwerte für den HbA1c zu erreichen, der Blutzucker ist dauerhaft zu hoch und viele haben schon früh Nierenschäden oder erblinden. Der Typ 1 Diabetiker muss einfach die Werte genau kontrollieren. Da die meisten Typ 1 Diabetiker das sowieso gewohnt sind, ist das weniger das Problem. Hier wäre das Buch von Dr. Bernstein zu empfehlen: The Diabetes Solution.
*Anmerkung der Reaktion
Franziska: Ich sehe eine große Chance für Typ-1-Diabetiker: während der ketogenen Ernährung ist durch den niedrigen Blutzuckerspiegel der Insulinbedarf generell reduziert und sie brauchen also theoretisch weniger Medikamente. Welche Tipps kannst Du Typ-1-Diabetikern für die Anwendung einer ketogenen Ernährung geben? Z.B. regelmäßige (häufige) Überprüfung der Ketonkörper im Blut? Wie häufig?
Julia: Gerade am Anfang sicher mehrmals am Tag testen. Als Typ 1 Diabetiker bekommt man vielleicht die Keto-Streifen sogar auf Kasse.
Franziska: Ganz besonders spannend fand ich auch die Beschreibung darüber, dass Ketone für die Myelinbildung benötigt werden. Das ist eine wichtige Information für Menschen mit der Autoimmunerkrankung Multiple Sklerose (MS). Die amerikanische Ärztin Dr. Terry Wahls ist ebenfalls an MS erkrankt, hat sich selbst unter anderem über ihre ketogene Ernährungsweise weitgehend therapiert und stellt nun ihr Wissen anderen Betroffenen zur Verfügung. Meinst Du, Julia, der Erfolg ihres Konzeptes beruht weitestgehend auf der ernährungsindizierten Ketose?
Julia: Schwer zu sagen. Terry Wahls macht ja noch viel mehr als nur die Ernährungsseite. Da gehört Bewegung, Massagen, Entspannungstraining etc. auch noch dazu. Aber Ketone sind ein wichtiger Part in ihrer Strategie.
Franziska: Eine weit verbreitete Autoimmunerkrankung ist die Hashimoto Thyreoiditis (autoimmune Entzündung der Schilddrüse). Sie geht mit hormonellen Störungen einher, die unter anderem einer erwünschten Gewichtsabnahme im Wege stehen können. Oft ist es schwierig, die richtige Dosis der vom Körper nicht mehr genügend gebildeten Schilddrüsenhormone medikamentös zu finden. Kann die ketogene Ernährung dabei helfen, hier “mehr Ruhe ins System” zu bekommen?
Julia: Das ist auf jeden Fall etwas, was viele Betroffene beschreiben. Es scheint „leichter einstellbar“ zu werden und auch das Gewicht und die Stimmung werden stabiler.
Franziska: In Eurem Buch wird die Neurowissenschaftlerin Elena Gross damit zitiert, dass bei einer starken Nebenniereninsuffizienz im Endstadium auf eine ketogene Ernährung (oder auch Low-Carb-Ernährung) verzichtet werden sollte. Die Problematik der Nebenniereninsuffizienz kennen einige meiner Leser, da sie ganz eng mit chronischem Stress verknüpft ist, ein häufiger Auslöser für Autoimmunerkrankungen. Was empfiehlst Du in diesem Fall: Kann Keto später probiert werden?
Julia: Ich persönlich habe mit Keto und Nebennierenermüdung keine negativen Erfahrungen gemacht. Weder bei mir selbst noch mit Kunden. Ich denke es ist wie immer sehr individuell und muss immer auf die persönlichen Bedürfnisse und Lebensumstände abgestimmt werden. Für manche bedeutete es einfach einen zusätzlichen Stress unbedingt in Ketose kommen zu wollen. Eine nährstoffdichte LCHF Ernährung wird für die Meisten schon viel Verbesserung bringen und Keto ist einfach ein weiteres Tool in unserem Werkzeugkoffer. Da muss man auch ein bisschen in sich hineinspüren. Was fühlt sich gut für mich an. Ich habe schon erlebt, dass mir Menschen erzählen, dass sie sich so gut mit Keto fühlen, aber XY hätte gesagt, dass das jetzt schlecht für sie wäre. Tut es mir gut, dann ist es in Ordnung. Fühlt es sich nicht gut an, dann bitte einen Schritt zurück.
Franziska: Was hältst Du in diesem Zusammenhang von keto-kritischen Artikeln, in denen gestandene Experten behaupten, das Gehirn könne nur Glukose verbrennen und damit Menschen mit und ohne Autoimmunerkrankungen total verunsichern? Wie können autoimmunerkrankte Menschen möglichst sachlich an dieses Thema herangehen?
Julia: Das ist vollkommen falsch und lässt sich in jedem Physiologiebuch nachlesen. Das Gehirn liebt Ketone und kann diese sogar selbst herstellen. Es wird sich nie vermeiden lassen, dass Unwahrheiten oder Halbwahrheiten verbreitet werden. Leider ist es für einen Laien sehr schwer zu erkennen, ob die Person von der die Info kommt, Blödsinn redet oder tatsächlich recht hat. Hier bleibt nur, dass man sich selbst so viel Wissen wie möglich aneignet und vertrauenswürdige Quellen findet, die man auch im Zweifel befragen kann.
Franziska: Für autoimmunerkrankte Menschen könnten meinem Verständnis nach exogene Ketonkörper eine interessante Therapie darstellen, da die entzündungshemmenden Ketonkörper dann nicht nur intern hergestellt sondern aus therapeutischen Gründen von außen zugeführt würden. Gibt es in der Zwischenzeit Erfahrungen auf diesem Therapiegebiet?
Julia: Da stehen wir wirklich noch ganz am Anfang. Dazu kann man noch nicht viel sagen.
Franziska: Warum wird denn – wenn es sich bei der ketogenen Ernährung um eine natürliche – menschliche – Ernährungsweise handelt (Ihr habt das im Buch eindrucksvoll beschrieben), empfohlen, diese ketogene Ernährung nur unter therapeutischer Anleitung und mithilfe von Laborkontrollen zu beginnen?
Julia: Liegt eine Erkrankung vor ist es sicherlich sinnvoll das mit dem Arzt zu besprechen. Auch weil es Auswirkungen auf die Medikation haben kann. Zum Beispiel bei Blutdrucksenkern. Es kann sich ganz schnell der Blutdruck normalisieren, nimmt man weiter Medikamente, dann kann das sehr gefährlich werden. Ganz abgesehen davon muss man sich auch als Blogger und Autor rechtlich absichern. Das ist leider einfach so.
Franziska: Wie finden Menschen mit Autoimmunerkrankung einen Therapeuten, der sich mit der ketogenen Ernährung auskennt? Worauf sollten sie achten?
Julia: Das ist natürlich nicht ganz einfach. Wir sind gerade dabei die ersten zertifizierten KetoCoaches auszubilden. Das ist in Zusammenarbeit mit Daniela Pfeifer und der LCHF Deutschland Akademie. Sonst kann man nur auf der Seite des Therapeuten schauen ob er oder sie Artikel zu dem Thema geschrieben hat. Meistens kommt man einfach um ein Erstgespräch nicht herum.
Franziska: Wenn ich meinen Körper in die Ketose bringe, dann erlange ich dadurch mehr Flexibilität für meinen Stoffwechsel. Mein Körper lernt nämlich, neben Kohlenhydraten und Fetten auch Ketonkörper zu verbrennen und – je länger ich immer wieder (nicht ständig) die Fettverbrennung und damit Ketonverbrennung praktiziere – relativ einfach zwischen diesen unterschiedlichen “Brennstoffen” hin- und herzuwechseln. Gibt es trotzdem Hinweise dafür, wie lange Menschen mit Autoimmunerkrankung in einer Ketose bleiben sollten, um die positiven Effekte dessen zu spüren?
Julia: Nein, leider. Aber aus der Erfahrung wäre es sicher nicht schlecht erst einmal für mindestens 4 Wochen damit zu experimentieren. Da sollte man dann schon was merken.
Franziska: Habe ich es richtig verstanden, dass diese sogenannte “metabolische Flexibilität” auch eine präventive Maßnahme zur Vorbeugung chronischer Krankheiten hilfreich sein kann? In Eurem Buch steht etwas darüber, dass bei einigen chronischen Krankheiten (einschließlich MS) oft eine verringerte metabolische Flexibilität beobachtet wird.
Julia: Metabolische Flexibilität ist unsere Werkseinstellung, unser Urzustand, so wie es eigentlich sein sollte. Jeder wirklich gesunde Körper muss metabolische Flexibilität besitzen. Im Laufe unseres Lebens verlieren wir zunehmend diese Flexibilität, da wir nicht mehr in einer artgerechten Umwelt leben und uns nicht artgerecht ernähren. Wiedererlangen der metabolischen Flexibilität ist ein Zeichen für zelluläre Gesundheit.
Franziska: Was hältst Du von dem neuen Ernährungs-Trend der carnivoren Ernährung? Dabei wird der pflanzliche Anteil in der Ernährung auf Null reduziert. So essen die Anhänger auch quasi keine Kohlenhydrate mehr. Die „carnivoren“ Esser nehmen weitestgehend nur noch Wasser und tierische Produkte zu sich. Durch den stark reduzierten Kohlenhydratanteil hat die carnivore Ernährung viel mit der ketogenen Ernährung gemeinsam. Es gibt noch keine Studien über die carnivore Diät aber einige Berichte von einzelnen Menschen, inklusive einiger Autoimmunerkrankter, die sehr positiv darüber berichten. Für manche ist diese Form der Ernährung der letzte Hoffnungsschimmer am Horizont…
Julia: Ja, das ist sehr interessant. Ich habe auch schon einige Menschen kennen gelernt, die durch Carnivor wirklich außergewöhnliche Verbesserungen erlebt haben. Eine dieser unglaublichen Bekanntschaften war eine Dame aus Schottland, die 20 Jahre lang vegan gelebt hatte. Ihre Gesundheit im Laufe der Jahre immer schlechter wurde, sogar den Geruchsinn verloren hatte und dann erst auf Paleo und schließlich auf Carnivor umgestiegen ist. Sie hat dadurch ihren Geruchsinn wiedererlangt und auch alle anderen Beschwerden waren weg oder stark reduziert. Sie isst natürlich „nose to tail“, also alles vom Tier. Innereien sind hochwertige und besonders nährstoffdichte Lebensmittel, die wieder einen Platz auf unserem Teller haben müssen.
Franziska: Liebe Julia, kannst Du meinen Lesern einen Tipp für den Anfang geben? Was sollten sie als erstes tun, wenn sie die ketogene Ernährung interessant finden und ausprobieren möchten?
Julia: Ein wirklich gutes Buch zum Thema besorgen. Da kann ich die Bücher von Daniela Pfeifer sehr empfehlen. Da gibt es das Keto Basics Buch. Das ist kompakt und ohne Firlefanz. Wer dann tiefer einsteigen möchte, dem kann ich nur den Keto-Kompass von Ulrike Gonder und mir ans Herz legen. Da kann man dann schon die ersten groben Fehler vermeiden.
Sonst kann man sich natürlich auch auf diversen Internetseiten dazu informieren. Oder sich auch einmal eine Beratungsstunde leisten. Die Arbeit mit einer geschulten Beraterin kann viel Zeit und Fehler ersparen.
Franziska: Herzlichen Dank, liebe Julia, für dieses sehr aufschlussreiche Gespräch!
Du möchtest mehr über eine optimale Ernährung erfahren? Komm’ in meine Facebook-Gruppe “Know-How-Transfer über Nährstoffe, die ankommen“.
Eine kostenlose Leseprobe vom “Keto-Kompass” können sich die Leser von Genuss und Glück hier herunter laden: https://paleolowcarb.de/buecher-und-ernaehrungsplaene/.
Fotos: Julia Tulipan, Louis Hansel @ Unsplash
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Franziska hat sich auf die Bedürfnisse von Menschen mit Autoimmunerkrankung(en) spezialisiert. Dabei richtet sie ihr Handeln an der menschlichen Natur aus: jeder Schritt zu "mehr Mensch" ist ein Schritt in Richtung gesteigerter menschlicher Gesundheit. Das bedeutet auch, durch gesunde Ernährung und Lebensweise Krankheiten möglichst gar nicht erst zuzulassen. Franziskas Artikel liefern nicht nur Wissen sondern auch Rezeptideen, denn sie ist durch ihre eigene gesundheitliche Reise zu einer kreativen Köchin geworden.
Monika Esterl meint
Herzlichen Dank für Ihren Artikel zum Thema ketogene Ernährung. Meine Mutter hat einen Verdacht auf Multipler Sklerose und wird demnächst einen Neurologen aufsuchen. Ich werde ihr weiterleiten, dass MS-Patientebedeutende Vorteile bei der Anwendung einer kohlenhydratarmen und fettreichen Ernährung haben.
Franziska Mickley meint
Liebe Monika,
vielen Dank für diesen Kommentar! Alles Gute für Sie und Ihre Mutter! Sie könnten gemeinsam mit Ihrer Mutter die ketogene Ernährung praktizieren. So fühlt sie sich wahrscheinlich besser verstanden und hat jemanden, mit dem sie sich im Detail austauschen kann.
Viele Grüße,
Franziska